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Der Leningrader Zoo in den Jahren der Blockade

Porträts von Blockadeüberlebenden. Teil 1.

Der Zoo von Sankt Petersburg liegt unweit der Peter-Paul-Festung im Zentrum der Nördlichen Hauptstadt. Er wurde im Jahr 1865 gegründet, was ihn zu einem der ältesten Zoos in Russland macht.

Ursprünglich wurde er als Zoologischer Garten eingerichtet. Die offizielle Umbenennung in „Leningrader Zoo“ fand im Jahr 1952 statt, nachdem einige Veränderungen an seiner Gestaltung vorgenommen worden waren: Seine Fläche wurde vergrößert, es wurden neue Volieren errichtet und das Territorium wurde begrünt. Zudem wurden feierliche Veranstaltungen und themenspezifische Festtage organisiert, an denen sowohl Kinder als auch Erwachsene teilnahmen.

Wenn man die offizielle Website des Zoos besucht, wird man feststellen, dass er bis heute „Leningrader Zoo“ heißt. Auf diese Weise wird das Gedenken an die Tierpfleger bewahrt, die während der Blockadezeit im Zoo arbeiteten.

Gleich nach Kriegsbeginn wurden etwa 80 Tiere nach Kasan evakuiert, doch ein bedeutender Teil blieb in der belagerten Stadt. Als sich der Blockadering am 8. September 1941 schloss, wurde der Zoo in der Nacht von Sprengbomben getroffen, die großen Schaden an den Gebäuden anrichteten. Unter den Trümmern kam die Elefantendame Betti ums Leben. Dieser Liebling der Leningrader war zusammen mit einer anderen Elefantendame einem Wanderzirkus abgekauft und 1911 in den Zoo gebracht worden.

Aufgrund seiner Nähe zu wichtigen Objekten der städtischen Infrastruktur, die ständigen Angriffen unterlagen, wurde der Zoo während des Krieges schwer beschädigt. Auf dem Territorium gab es viele Gebäude, doch nur drei von ihnen waren aus Ziegelstein erbaut. Die übrigen waren aus Holz errichtet und standen nah beieinander, weshalb die Brände großen Schaden anrichteten. Dennoch wurde der Zoobetrieb fortgesetzt.
Die Mitarbeiter, die nicht an die Front gingen, blieben bei den Tieren, bauten die Volieren und Gehege wieder auf und kümmerten sich um das Gelände. Der Zoo war nur in den Winterperioden 1941/42 und 1942/43 geschlossen, ab dem Frühjahr war er wieder geöffnet.

Wichtig und schwierig war die Frage nach der Versorgung mit Futter. Die Mitarbeiter sammelten Zapfen, Eicheln, Beeren und Gemüse von den bepflanzten Gebieten in der Umgebung. Es gab einige Vorräte an Graupen, Korn und Tierfutter, doch mit diesen musste sehr sparsam umgegangen werden. Die Rationen der Tiere bestanden häufig aus aufgekochten Sägespänen oder einem Gemisch aus Gras und Gemüse. Den Raubtieren schmeckte dieses Futter jedoch nicht besonders. Daher wandten die Mitarbeiter eine List an: Sie füllten das Gemisch in Tierhäute, die sie noch aus Vorkriegszeiten hatten, und rieben diese mit Lebertran ein.

Wir kennen die Namen der Tiere, welche die Blockade überlebten und nach dem Krieg die Zoobesucher begrüßten: der Mönchsgeier Werotschka, der Bär Grischa, die Nilgauantilope Majak und viele andere. Erhalten sind ebenso Memoiren und Fotografien, die über das Leben der Mitarbeiter sowie der Tiere in jener Zeit berichten.

Eine der bekanntesten Fotografien von damals zeigt die Nilpferddame Krassawiza (russ. für „Schöne“). Sie lebte seit dem Jahr 1911 im Zoo und war das zweitgrößte im Zoo lebende Nilpferd der Welt – ein wertvolles Exemplar.
Krassawiza überlebte die Blockade und starb erst im Jahr 1951. Möglich gemacht wurde dies von der Mitarbeiterin Jewdokija Iwanowna Daschina. Jeden Tag kümmerte sie sich um Krassawiza: Sie gab ihr Futter und Wasser, brachte mit dem Schlitten Wasser herbei, um das Schwimmbecken aufzufüllen, wusch die Nilpferddame mit warmem Wasser und rieb sie mit Öl ein, damit ihre Haut nicht austrocknete. Da Krassawiza sich vor dem Artilleriebeschuss fürchtete, blieb Jewdokija Iwanowna bei ihr und umarmte sie.

Bekannt ist auch die Geschichte über ein Mantelpavianbaby. Es wurde im Herbst 1942 geboren. Für die damalige Zeit war die Geburt eines Affenbabys in Gefangenschaft keine normale Sache, zumal unter Kriegsbedingungen. Die Mutter, eine Mantelpaviandame namens Elsa, hatte aufgrund der Auszehrung keine Milch. Hier kam die Stadt zu Hilfe: Von einer Kinderstation wurde täglich ein halber Liter Spendermilch geliefert. Auf diese Weise gelang es, das Affenbaby zu retten und zugleich zu zeigen, dass die Stadt trotz aller Widrigkeit am Leben ist und nicht aufgeben wird.

Ab dem Sommer 1941 gab es auf dem Zoogelände eine Tiershow namens „Kroton“. Die Dompteure traten mit Wölfen auf. Diese Tiere lassen sich nur schwer dressieren, doch die Leiter der Show schafften es, sich mit ihnen anzufreunden. Nach Kriegsbeginn wurden die Wölfe nach Kasan evakuiert, sodass die Hauptattraktionen der Vorstellungen nun Hunde, Äffchen und andere Tiere waren. Die Tiershow trat in Krankenhäusern, Hospitälern, Kinderheimen und Kindergärten auf.

Heute erinnert eine Gedenktafel neben dem Zooeingang an die Blockadezeit: „Den Mitarbeitern des Leningrader Zoos, den Helden der Blockadetage und -nächte. Ihre Tapferkeit rettete das Leben der Tiere und bewahrte für die Stadt ein einzigartiges Wissenschafts- und Kulturzentrum.“

Auf dem Gelände des ältesten Zoogebäudes, das auf wunderbare Weise die Blockade überstand, wird momentan eine Gedenkausstellung mit dem Titel „Der Zoologische Garten in den Jahren der Blockade“ gezeigt. Sie besteht aus drei Teilen: dem Zimmer eines Zooangestellten, einer Ausstellung über die Pflege der Tiere und einem Arbeitszimmer.

Im ersten Saal können die Besucher sehen, wie das Zimmer eines Angestellten in jener Periode aussah. Da viele von ihnen auf dem Zoogelände wohnten, war das Zimmer entsprechend eingerichtet: Bücher, eine Liege und ein Kanonenofen.

Im zweiten Saal wird berichtet, wie die Versorgung der Tiere mit Futter sichergestellt wurde. Gezeigt werden das Inventar, mit dem das Futter zubereitet wurde, sowie die Ausrüstung des Zootierarztes.

Im dritten Saal kann man Unterlagen betrachten und sich mit der wissenschaftlichen Forschungsarbeit vertraut machen, die trotz allem weitergeführt wurde. Die Sammlung wird durch einzigartige Fotografien des Zoos aus der Kriegszeit ergänzt.

Die Ausstellungsgegenstände wurden unter gemeinsamen Anstrengungen der Mitarbeiter und der Petersburger zusammengetragen. Die Säle der Ausstellung wurden anhand von historischen Dokumenten und Erinnerungen gestaltet.


Quellen:

Offizielle Website des Leningrader Zoos

Artikel über den Zoo auf dem Portal „Leningrad. Pobjeda“

Artikel über den Zoo auf dem Portal „Kultura Peterburga“

Artikel über den Zoo auf der Website der Zeitung „Peterburgski Dnewnik“