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Daniil Alexandrowitsch Granin

Daniil Alexandrowitsch Granin

Daniil Alexandrowitsch Granin wurde 1919 im Gouvernement Kursk geboren. Mit sieben Jahren zog er nach Leningrad. Nach dem Schulabschluss schrieb sich Granin für ein Ingenieursstudium an einer Hochschule ein. Schon während des Studiums begann er, Erzählungen zu schreiben, hielt sein Talent aber nicht für herausragend. Nach Beendigung seines Studiums arbeitete Daniil Alexandrowitsch als Ingenieur im Leningrader Kirow-Werk.

Am 22. Juni 1941 begann der Große Vaterländische Krieg. Einige Wochen später meldete sich Granin für die Volkswehr. Er nahm an den Schlachten um Leningrad sowie den Kämpfen an der Baltischen Front teil. Zu Ende des Krieges erhielt er den Rang des Kommandeurs einer Panzerkompanie.

Nach dem Krieg arbeitete Granin einige Zeit in seinem Beruf bei der Firma “Lenenergo”, widmete sich aber dann endgültig seiner Autorentätigkeit.

Die erste Erzählung des Schriftstellers wurde bereits in seiner Studentenzeit veröffentlicht. Im Jahr 1948 erschien in der Zeitschrift “Swesda” (dt. “Stern”) seine zweite Erzählung (“Die zweite Variante”), wenig später wurden noch weitere publiziert.

Der Name “Granin” ist ein literarisches Pseudonym. Der echte Nachname des Schriftstellers war Hermann. In der Zeitschrift “Swesda” wurden auch die Erzählungen des Autors Juri Hermann gedruckt. Um Verwechslungen zu vermeiden, nahm Daniil Alexandrowitsch den Nachnamen eines Verwandten aus der mütterlichen Linie an: Granin. In seiner Autobiografie erinnert sich der Schriftsteller, dass das künstlerische Schaffen immer sein Hobby war – das, was ihm wahres Vergnügen bereitete.

Viele Werke Granins sind Wissenschaftlern bzw. der Wissenschaft als Ganzes gewidmet. “Bahnbrecher”, einer seiner berühmtesten Romane, erzählt beispielsweise vom Leben und Schicksal des Wissenschaftlers Andrej Lobanow.

In Co-Autorenschaft mit Ales Adamowitsch arbeitete Daniil Granin an einer der wichtigsten schriftlichen Chroniken der Blockade: dem “Blockadebuch”. Es beginnt mit den Worten: “Diese Wahrheit hat Adressen, Telefonnummern, Familien- und Vornamen. Sie lebt in Leningrader Wohnungen, an deren Türen sich häufig viele Klingeln finden. Sie müssen nur auf den Knopf mit dem Namen drücken, der in Ihrem Notizbuch steht.”1

Dieses Buch ist eine Sammlung der Erinnerungen derer, die während der Blockade in Leningrad lebten. Der erste Teil des Buches sollte 1977 in der Zeitschrift “Nowy mir” (dt. “Neue Welt”) erscheinen, aber dazu kam es nicht. Ein Fragment des Buches wurde erst ein halbes Jahr später veröffentlicht, die Druckversion des ersten Teils erschien erst im Jahr 1979, nachdem die Zensurbehörde schwerwiegende Änderungen und Korrekturen am Text vorgenommen hatte, denn das Buch beschrieb das eher “unheroische” Alltagsleben der Menschen mit allen Schrecken der Blockadezeit. Der zweite Teil des Buches erblickte zwei Jahre später das Licht der Welt, ebenfalls in der Zeitschrift “Nowy mir”. Erst im Jahr 1982 wurde in Moskau der vollständige Text des Buches herausgegeben – ein paar Jahre später erschien es auch in Leningrad. Bereits in postsowjetischer Zeit wurde das Buch erweitert, die Stellen, welche die Zensur korrigiert hatte, wurden wieder eingefügt, der Text wurde überarbeitet. Heute ist es eines der am meisten gelesenen Bücher über die Blockade. Es wurde auch ins Deutsche übersetzt.

In den 1980ern engagierte sich Daniil Alexandrowitsch aktiv in der Politik sowie für wohltätige Zwecke. Er erhielt eine ganze Reihe wichtiger staatlicher Auszeichnungen: den Staatspreis der UdSSR, den Preis des Präsidenten der Russischen Föderation im Bereich Literatur und Kunst sowie den Staatspreis der Russischen Föderation für herausragende Leistungen im geisteswissenschaftlichen Bereich.

Im Jahr 2014 hielt Granin bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus eine Rede im deutschen Bundestag: Dabei sprach der Schriftsteller über den Krieg und die Blockade, deren Zeuge er war. Er verstand die Wichtigkeit des gegenseitigen Dialogs, der Versöhnung und des “Brückenbaus” zwischen den Völkern im neuen Jahrtausend. Im Jahr 2016 wurde der Autor für seinen Beitrag zur Weiterentwicklung der deutsch-russischen Beziehungen mit dem Dr.-Friedrich-Joseph-Haass-Preis ausgezeichnet.

Im Jahr 2017 wurde in Sankt Petersburg die Daniil-Granin-Bibliothek eröffnet. Ein Jahr später wurde an dieser Bibliothek ein Kultur- und Wissenszentrum geschaffen, das ebenfalls nach ihm benannt wurde. Die Tochter des Schriftstellers, Marina Tschernyschewa-Granina, leitet die Stiftung zur Bewahrung und Popularisierung des Erbes von Daniil Granin. Die Stiftung und das Zentrum organisieren regelmäßig Vorträge, Talentwettbewerbe sowie Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene. Außerdem nehmen sie an Konferenzen und Seminaren teil, die dem Leben und Schaffen des Autors gewidmet sind.

Das Jahr 2019 (das Jahr seines 100. Geburtstags) wurde offiziell zum Gedenkjahr für Daniil Granin erklärt: In Petersburg wurde ein Denkmal eröffnet, es fanden wissenschaftliche Konferenzen statt (sowohl in Sankt Petersburg als auch in Berlin), Bücher wurden erneut verlegt und Ausstellungen organisiert. Am Haus des Schriftstellers wurde eine Gedenktafel angebracht.

Seine Rede im Bundestag beschloss Daniil Alexandrowitsch mit den Worten: “Es gibt einen sakralen Raum, wo der Mensch Mitgefühl, Spiritualität und das Gefühl des Sieges wiederfindet, wobei das wohl Wichtigste die Gerechtigkeit und die Liebe zum Leben, zum Menschen sind.” So war auch er, so war sein Schaffen: ehrlich, gerecht, erfüllt von der Würde und der Liebe zum Menschen.


1 D. Granin, A. Adamowitsch (2018): Blockadebuch. Leningrad 1941-1944. Berlin: Aufbau. S. 29.

Links: 

Artikel über Daniil Granin: https://www.culture.ru/persons/10567/daniil-granin

D. Granin, A. Adamowitsch (2018): Blockadebuch. Leningrad 1941-1944. Berlin: Aufbau.

Rede Daniil Granins im Bundestag: https://www.youtube.com/watch?v=ovQ2z0K-mbM