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Pawel Filonow

Pawel Filonow

Wir setzen unsere Serie über Künstler im belagerten Leningrad fort. Heute geht es um einen bedeutenden Vertreter der Avantgarde: den Künstler Pawel Filonow. Eine seiner Schülerinnen war Tatjana Glebowa, über die wir in einem früheren Artikel berichtet haben.

Pawel Filonow wurde in einer Bauernfamilie in Moskau geboren. Nach der Heirat einer seiner Schwestern zog die Familie schrittweise nach Petersburg. Sein Schwager entdeckte das Talent des jungen Künstlers und brachte ihn in Malerei- und Malwerkstätten unter. Später besuchte Filonow Malkurse der Gesellschaft zur Förderung der Künste. Zu Hause studierte er verschiedene Stilrichtungen der Malerei.

Filonow schrieb sich mehrere Male an der Akademie der Künste ein. Schließlich wurde er dort als Gasthörer aufgenommen, doch er brach im zweiten Studienjahr ab. Er hatte sich von der Akademischen Kunst ab- und zu kreativen Experimenten mit Form und Farbe hingewandt. Das gefiel den Dozenten nicht.

Nach seinem Weggang von der Akademie zog Filonow aufs Land. Im Jahr 1912 veröffentlichte er den Artikel „Kanon und Gesetz“, in dem er seine Sicht auf die Kunst darlegte und zum ersten Mal den Begriff „analytische Kunst“ verwendete.

Die Grundlage seiner künstlerischen Prinzipien bildete seine besondere Einstellung zur Welt: Er meinte, das Hauptziel des Künstlers sei es, die Psychologie und das Denken des Menschen darzustellen. In einem Werk seien die Stimmung des Künstlers und seine Ideen wichtig. Es sei keine Realität im direkten Sinne des Wortes, sondern ein „Spinnennetz“ aus Handlungssträngen, Linien und Formen. Jedes Fragment in Filonows Bild ist ein eigenes Werk, das eine abgeschlossene Struktur hat. Das sind „Formeln“, die aus „Atomen“ bestehen.

Später entwickelte der Maler eine eigene Schule: das „Kollektiv der Meister der analytischen Kunst“. Sie bestand aus Künstlern, welche die Ideen dieser Richtung unterstützten.
Im Jahr 1925 erhielt Pawel Filonow zusammen mit seinen Schülern eine Werkstatt in der Akademie der Künste. Das Staatliche Russische Museum bereitete im Jahr 1929 eine persönliche Ausstellung Filonows vor, die jedoch nicht stattfand. Die Einstellung gegenüber dem Künstler hatte sich geändert, denn die Kunst strebte mehr und mehr zum Realismus, von dem Filonows Bilder weit entfernt waren.

Der Künstler erlebte die Blockade in Leningrad. Er starb im ersten Blockadewinter, am 3. Dezember 1941, an Hunger. Die Malerin Tatjana Glebowa, Filonows Schülerin, erinnerte sich in ihrem Tagebuch daran, was für ein Schlag das für sie war. Bei der Versammlung des Leningrader Verbands der sowjetischen Künstler, wo diese Nachricht verkündet wurde, hoffte Glebowa, es handele sich um einen anderen Filonow. Sie hielt ihn für einen genialen Künstler und einen der größten Meister seiner Zeit. Glebowa fürchtete um das Schicksal der Bilder, die mit solcher Mühe gemalt worden waren.

Nachdem seine Ausstellung abgesagt worden war, verkaufte Filonow keine Werke mehr; er malte im Wesentlichen auf Bestellung. Er wollte, dass seine Bilder dem Volk gehörten und zum Allgemeingut werden.

In ihren Erinnerungen an Pawel Filonow schreibt Tatjana Glebowa: „Filonow war ein genialer Künstler, er entdeckte neue Formen, stellte das Bewusstsein auf den Kopf und veranlasste uns, frei mit äußeren Erscheinungen umzugehen, indem er sie studierte und ohne Scheu experimentierte – in der ihn umgebenden Wirklichkeit und in sich selbst, in der sichtbaren und unsichtbaren Welt.“

Auf der Website des Virtuellen Russischen Museums kann man die Werke des Künstlers kennenlernen.


Quellen:

Tatjana Glebowa: Erinnerungen an Pawel Nikolajewitsch Filonow

Memoiren von Tatjana Glebowa

Artikel über Pawel Filonow

Pressemitteilung über eine Ausstellung des Künstlers im Kunstmuseum der Oblast Samara

Ausgabe des Kanals „Sankt Petersburg“ zu Pawel Filonow