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Das Museum für die Petersburger Avantgarde

Das Museum für die Petersburger Avantgarde

Im Rahmen des Seminars „Erinnerung an die Blockade“ besuchte unsere Gruppe das Museum für die Petersburger Avantgarde. Anlässlich des Gedenktags im Januar wird dort die Ausstellung „Malen wie ein Chronist“ gezeigt, die den Künstlern im belagerten Leningrad gewidmet ist.

Das Museum befindet sich in einem Mitte des 19. Jahrhunderts erbauten zweistöckigen Holzhaus. Im Jahr 1912 wurde die Wohnung Nummer 12 von Michail Wassiljewitsch Matjuschin und seiner Frau Jelena Genrichowna Guro bezogen. M.W. Watjuschin war Musiker, Komponist und Maler; er zählt zu den herausragendsten Persönlichkeiten der Russischen Avantgarde. J.G. Guro (1877-1913) war eine bekannte Künstlerin und Dichterin. Das Haus wurde von den bedeutendsten Vertretern des Russischen Futurismus besucht: K.S. Malewitsch, P.N. Filonow, W.W. Majakowski und vielen anderen.
Im Dezember 2006 wurde hier das Museum für die Petersburger Avantgarde (eine Filiale des Museums für die Geschichte der Stadt) eröffnet. Der Gedenkteil der Ausstellung zeigt M.W. Matjuschins Arbeitsraum und J.G. Guros Zimmer. Der Hauptteil des Museums ist der Geschichte der Petersburger Avantgarde gewidmet.

Nach dem Tod von Jelena Guro heiratete Michail Matjuschin die Malerin, Kunsthistorikerin und Autorin Olga Konstantinowna Gromosowa (1885-1975). Dank ihr trafen sich im Haus selbst in den schweren Zeiten der Blockade weiterhin kreative Intellektuelle.
Im Jahr 1946 erschien Gromosowas Buch „Erzählung vom Leben“ über die Leistung der belagerten Stadt und ihrer Bewohner.
Auf der Website des Projekts „Proschito“ sind die Memoiren der Schriftstellerin zu finden. Interessant ist der folgende Kommentar: Obwohl das Tagebuch in der 3. Person geschrieben ist und die Protagonistin Jewgenija Michailowna heißt, legt die Gegenüberstellung der biografischen Fakten den Schluss nahe, dass es die Erinnerungen von Olga Konstantinowna selbst sind. Das Material ist in russischer Sprache online verfügbar.

Die Ausstellung, welche die Teilnehmer des Seminars „Erinnerung an die Blockade“ besuchten, trug den Titel „Malen wie ein Chronist“. Hierbei handelt es sich um ein Zitat aus dem Tagebuch der Künstlerin Tatjana Nikolajewna Glebowa. In den 1920er Jahren lernte sie P.N. Filonow kennen und gehörte zur Künstlergruppe „Meister der analytischen Kunst“.
Sie blieb bis zum Frühjahr 1942 in der belagerten Stadt, führte ihr Tagebuch (das ebenfalls auf der Website von „Proschito“ zu finden ist) und schuf weiterhin Kunstwerke. Der erste Tagebucheintrag demonstriert, welche Rolle die Kunst in ihrem Leben spielte:

Die Kunst hat solch tiefe Wurzeln in mir geschlagen, dass sie mir zur zweiten Natur geworden ist, und jedwede Frage im Leben löse ich durch ihr Prisma, im Abgleich mit den Fähigkeiten und Erfahrungen, die ich aus ihr geschöpft habe. Leningrad ist gut, die Stadt ist wie Musik: Ja, das war vor dem 8. September; die Stadt war unversehrt und wunderschön, und ringsum erstarrte alles wie vor einem Gewitter. Doch dann begann es, dann brachen diese schrecklichen Geräusche herein, die mehrstöckigen Häuser gerieten ins Wanken und fielen in sich zusammen. Nun ist es furchterregend, es ist schon keine Musik mehr, sondern ein fürchterliches Getöse, vor dessen Hintergrund der Hunger durchdringt und sein Liedchen singt. […] In solchen Minuten äußerst weiser Stille ist es angenehm, zu malen oder etwas besonders Gutes zu lesen, etwa Marcel Proust, um die wahre Kunst zu fühlen, die nicht durch äußere und der Kunst fremde Aufgaben vergiftet ist …

Tatjana Nikolajewna Glebowa

Die Künstler in der belagerten Stadt schufen ihre eigene „Chronik der Blockadetage“, malten Bilder, fertigten Skizzen und Entwürfe an, beteiligten sich am Verpacken der Wertgegenstände aus der Eremitage und dem Russischen Museum, bereiteten diese zur Evakuierung vor oder besorgten die Tarnung von lebenswichtigen Industrie- und Militärobjekten Leningrads. In der Ausstellung wurden nicht nur Gemälde, Grafiken und Alltagsgegenstände der Leningrader präsentiert, sondern auch Ausschnitte aus einer Wochenschau, die den Künstler W.W. Pakulin bei der Arbeit zeigen. Auch dieses Bild war in der Ausstellung zu sehen.

In unseren nächsten Blogartikeln werden wir über weitere Ausstellung und Veranstaltungen berichten, die zu Ehren des 80. Jahrestags der vollständigen Befreiung von der Blockade in Sankt Petersburg stattfinden.


Quellen:

Wikipedia-Artikel über das Museum

Artikel über das Museum auf der Website „Kultura.RF“

Vkontakte-Gruppe des Museums für die Petersburger Avantgarde

Website des Projekts „Proschito“