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Was ist ein Blockadezimmer?

77. Jahrestag der Befreiung Leningrads von der Blockade

In Petersburg gibt es mehrere Museen, in denen man ein Blockadezimmer sehen kann. Das bekannteste davon ist wohl das Zimmer der Familie Agte im Museum „Das bürgerliche Petersburg“. Die Online-Bibliothek auf unserer Website enthält einen Text über das Museum und die Geschichte dieser Familie.

Ein weiteres Museum ist das „Blockadezimmer der Bühnenkünstlerin“. Hier lebte Vera Iwanowna Schestakowa, Solistin des Kleinen Operntheaters in Leningrad. Der Ideengeber für dieses Museum war Vera Iwanownas Neffe. Es ist ein privates Museum, dessen Sammlung nicht nur persönliche Sachen der Künstlerin umfasst, sondern auch typische Gegenstände, die das Alltagsleben im belagerten Leningrad widerspiegeln. Mittlerweile wurde die Kollektion des Museums an die Sammlung „Lenreserv“ übergeben. Häufig werden Blockadezimmer in Schulmuseen eingerichtet, aber auch an öffentlichen Plätzen in der Stadt, wie zum Beispiel dem Projekt „Lebendige Straßen“ auf dem Manegen-Platz in diesem Jahr.

Was verbindet diese Blockadezimmer? Heute stellen wir eine Liste von Gegenständen vor, die man in solchen Zimmern antreffen kann:

eine „Ölfunzel“

Diese Lämpchen fertigten die Menschen aus Gefäßen selbst an: aus kleinen Gläschen, Blechbüchsen, Flakons und sogar aus Tintenfässchen. Das Innere füllte man mit Kerosin und steckte einen Docht hinein. Neben Kerosin wurden auch andere brennbare Flüssigkeiten verwendet.
Die „Ölfunzeln“ waren äußerst unpraktisch: Sie gaben nur wenig Licht, dafür explodierten sie häufig. Außerdem rochen sie unangenehm und beschmutzten Zimmerdecke, Fußboden und Wände. Wegen der Stromausfälle bzw. der späteren Abschaltung der Elektrizität in der belagerten Stadt machte man im trüben Licht der Ölfunzel Hausaufgaben oder las Bücher.

ein Metronom

Wer schon einmal ein Musikinstrument erlernt hat, dem dürfte das Metronom bekannt sein. Dieses Gerät hilft, beim Spielen eines Musikstücks ein Tempo vorzugeben. In Leningrad jedoch hatte das Metronom eine besondere Rolle. Wenn es langsam schlug, bedeutete das, dass keine Gefahr drohte; doch wenn sich sein Tempo beschleunigte, so musste man den Luftschutzkeller aufsuchen. Die Schläge des Metronoms wurden in den Sendepausen per Radio übertragen, als Zeichen dafür, dass der Rundfunk intakt war.
Häufig gehört es zur Einrichtung von Blockadezimmern – als Erinnerung daran, welche Rolle es in der belagerten Stadt spielte.

einen „Kanonenofen“

Solche kleinen Öfchen entstanden bereits im 18. Jahrhundert. Bis heute ist man sich uneinig, warum sie so bezeichnet wurden. Einige sind der Ansicht, es sei wegen ihrer untersetzten und runden Form, andere meinen, es liege daran, dass sie viel Brennholz erfordern, dabei aber nur wenig Wärme spenden. Wie dem auch sei, aufgrund ihrer Größe waren die Öfen praktisch. Zudem konnte man sie nicht selten selbst anfertigen.
In Leningrad wurden sie bald zur einzigen Wärmequelle in der Wohnung, nachdem die Zentralheizung ausgefallen war. Brennholz war teuer und schwer zu bekommen, weshalb man zum Befeuern der Öfen Holzbauten und -zäune abriss, aber auch Möbelstücke und Bücher verwendete.
Der „Kanonenofen“ stand häufig in der Mitte des Zimmers, um die eiskalten Räume wenigstens ein bisschen zu heizen.

einen Lautsprecher

Die Lautsprecher jener Zeit hatten eine ovale Form, weshalb die Leningrader sie manchmal als „Teller“ bezeichneten. Wir haben bereits über die Bedeutung des Radios während der Blockade berichtet: Die Sendungen und die Stimmen der Mitarbeiter machten den Menschen Mut und schenkten ihnen Hoffnung. Auch die wichtigsten Nachrichten und Warnungen bei Luftalarm waren im Radio zu hören.

einen Wassereimer

In der Einrichtung von Blockadezimmern kann man häufig einen Eimer (oder eine Kanne) für Wasser sehen. Das ist damit zu erklären, dass die Wasserleitungen nicht funktionierten und die Leningrader deshalb selbst nach Wasser laufen mussten. Man holte es aus der Newa und anderen Gewässern, die sich in der Nähe befanden. Für die ausgezehrten Menschen war es eine echte Herausforderung, das Wasser nach Hause zu transportieren.
An der Uferpromenade des Fontanka-Flusses befindet sich heute eine Gedenktafel an der Stelle, an der die Menschen in jener Zeit Wasser schöpften.

Papierstreifen an den Fenstern

Solche Papierstreifen, die über Kreuz an die Fenster geklebt wurden, sind ein unverzichtbares Attribut des Blockadezimmers. Man tat das, damit bei den von Explosionen hervorgerufenen Druckwellen die Splitter nicht in alle Richtungen davonflogen.

All diese Gegenstände sind auf ihre Weise Symbole der Blockadezeit. Der Petersburger Künstler Wladimir Kolbassow hat ein Bild namens „Träume der Eremitage“ (Bild oben links) geschaffen, auf dem viele der oben genannten Gegenstände abgebildet sind. Könnt ihr sie entdecken?