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Das Petersburger Brotmuseum

Das Petersburger Brotmuseum

Sankt Petersburg zählt über 200 Museen. Bestimmt habt ihr bereits von der Eremitage, der Kunstkammer oder dem Russischen Museum gehört … Es gibt allerdings auch viele kleinere Museen, die eine nicht weniger interessante Geschichte erzählen. Über eines dieser Museen berichten wir heute: das Brotmuseum.

Es wurde 1988 als Museum des Verbands “Lenchlebprom”1 gegründet. Später kam es unter die Leitung der Stadt und trägt seit 1993 den Namen “Sankt Petersburger Brotmuseum”.

Das Museum leistet aktive Sammlungs- sowie wissenschaftliche Tätigkeiten und zählt über 14 000 unterschiedliche Exponate. Seine Dauerausstellung zeigt die Geschichte des Brotes (Herstellung, Verkauf, Traditionen) vom Beginn der landwirtschaftlichen Kulturen bis zur Gegenwart. Unter anderem besitzt das Museum Backformen und -geräte, die bei archäologischen Expeditionen gefunden wurden.

Hier kann man erfahren, welche Bedeutung das Brot in der traditionellen Kultur der Ostslawen hatte. Man kann sich mit den Traditionen der Teezeremonie bekanntmachen, Backkohle in einem russischen Bauernhaus betrachten und sich einen traditionellen Brotladen aus dem Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts ansehen. Zusatzausstellungen informieren die Gäste des Museums über die Arbeit der Brotfabriken und Konditoreien an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sowie über die Geschichte der Konditoreierzeugnisse am Ende des 19. Jahrhunderts.

Ein besonderer Platz im Museum kommt dem Großen Vaterländischen Krieg und der Leningrader Blockade zu: Es gibt eine separate Ausstellung, die dem Blockadebrot gewidmet ist. Dort kann man ein Blockadezimmer mit einem Stückchen Brot sehen, das nach dem “Blockaderezept” gebacken wurde.

Dieses Brot enthielt so gut wie kein Mehl. Seine Grundlage bildeten Ölkuchen, Zellulose und Soda. Die Zusammensetzung änderte sich häufig, je nach Vorhandensein der jeweiligen Rohstoffe. Im Museum wird das Standardrezept aufbewahrt: 10% essbare Zellulose, 10% Ölkuchen, 2% Vollkornstaub, 2% Sackleinen, 1% Kiefernnadeln, 75% gemahlene Roggenspreu.

Dieses Brot erhielten die Menschen auf spezielle, personenbezogene Karten. Die Ausgabe dieser Karten begann im Juli 1941. Ursprünglich betrug die Tagesration für Arbeiter 800 Gramm, mit der Zeit wurden die Rationen aber immer geringer. Ende November 1941 wurden die niedrigsten Rationen fixiert: 250 Gramm für Arbeiter, 125 Gramm für die übrige Bevölkerung. Dieses kleine Brotstückchen ist im Museum ausgestellt. Ab Ende Januar 1942, mit dem Anlaufen der “Straße des Lebens”, wurden die Rationen schrittweise erhöht.

Während der Blockade waren in der Stadt zu unterschiedlichen Zeiten zwischen sechs und dreizehn Brotfabriken in Betrieb. Sie produzierten Kastenbrote und Zwieback aus Roggen.

Auch über den Betrieb der Fabriken berichtet die Ausstellung.

Das heutige Petersburg bewahrt eine scheue Einstellung zum Brot – in Erinnerung an die schwere Blockadezeit. Damals war jedes Stückchen etwas Besonderes. In Olga Bergholz` ”Leningrader Poem” lesen wir folgende Zeilen:

Oh, wir erkannten es im Dezember
Nicht umsonst eine “heilige Gabe” genannt
Das gewöhnliche Brot; und eine schwere Sünde
Auch nur ein Stückchen auf die Erde fallen zu lassen:
Mit welch menschlichem Leiden,
Mit welch brüderlicher Liebe
War es für uns von nun an geweiht,
Unser lebenswichtiges Leningrader Brot.”


Quellen:

Offizielle Website des “Sankt Petersburger Brotmuseums”: http://www.muzei-xleb.ru/

Artikel über das Blockadebrot auf der Website der Staatlich alimentierten Einrichtung des Gesundheitswesens “Zentrum für die hygienische Aufklärung der Bevölkerung” des Föderalen Aufsichtsdiensts für Verbraucherschutz: http://cgon.rospotrebnadzor.ru/content/33/3760/

Artikel über die Kuschelewer Brotfabrik, Portal “Die Welt von Petersburg”:  http://mirpeterburga.ru/news/Kushelevskiyzavodblokadnogokhleba/

Artikel über die Lebensmittelindustrie während der Blockade, “Informations- und Telegrafen-Agentur Russlands ITAR-TASS): https://tass.ru/spb-news/862988

[1] Leningrader Produktionsverband der Brotbackindustrie.