Blockademuseen, -ausstellungen und -gedenkstätten. Teil 2
Nachdem wir Ende März bereits über die wichtigsten Museen zur Leningrader Blockade berichtet haben, erweitern wir unsere Liste dieses Mal um die bekanntesten Gedenkstätten für die Opfer dieser humanitären Katastrophe. Unsere Aufzählung umfasst große und kleine Gedenkorte innerhalb und außerhalb des Zentrums des modernen Sankt Petersburg. Wir berichten über die Geschichte dieser Gedenkstätten und bieten interessierten Besuchern und Besucherinnen zudem alle notwendigen Adressen und Weblinks.
1. Piskarjowskoje-Gedenkfriedhof
Zur Zeit der Blockade wurden an diesem Ort Menschen in Massengräbern bestattet, im Jahr 1960 wurde hier ein Memorialkomplex eröffnet. Die zentrale Allee führt zur Skulptur der “Mutter Heimat” - einer trauernden Frau mit einer Girlande aus Eichenblättern in den Händen. Auf der Stele sind Episoden aus dem heldenhaften Leben der Leningrader, auf halbmast gesetzte Trauerflaggen und Kränze aus Eichenzweigen mit gesenkten Fackeln dargestellt - als Symbol des erloschenen Lebens. In den beiden Museumspavillons kann man eine Foto- und Dokumentarchronik der Blockadezeit betrachten und außerdem Filme über die Blockade sehen.
Adresse: pr. Nepokorjonnych 72
2. Krematorium des belagerten Leningrad
Die Sterblichkeitsrate unter den Bewohnern der belagerten Stadt stieg schnell an, die Kräfte der Verwandten der Verstorbenen wurden jedoch immer geringer. Die Toten wurden auf den Straßen oder den Treppenabsätzen zurückgelassen, denn auf den überfüllten Friedhöfen reichte der Platz nicht einmal für Massengräber. Daher wurde beschlossen, eines der Werke im Park des Sieges zum Krematorium umzufunktionieren. Nach dem Krieg wurden zum Gedenken an die Opfer der Blockade eine Gedenkallee und einige Memorialanlagen eingerichtet. Eine davon ist die “Rotunde”, in deren Inneren eine Skulptur installiert wurde, die eine Einäscherungsurne darstellt.
Adresse: ul. Kusnezowskaja 25, Moskowskij park Pobedy
Adresse: pr. Nepokorjonnych 72
3. D.D.-Schostakowitsch-Philharmonie
Ein weiteres kulturelles Symbol der Blockade ist die Siebte (Leningrader) Sinfonie von Schostakowitsch. Ihr erster Teil wurde noch vor dem Krieg geschrieben, der zweite und der Beginn des drittens Teil aber bereits im belagerten Leningrad. Um die Sinfonie 1942 in dieser Philharmonie aufführen zu können, musste der Dirigent des Orchesters, Karl Eliasberg, Ersatz für die Musiker finden, die umgekommen waren oder an der Front kämpften bzw. diejenigen herbeirufen, die an der vordersten Linie kämpften. Den Schlagzeuger rettete Eliasberg aus der Leichenkammer, da er bemerkte, dass sich dessen Finger noch bewegten - und all das, damit dieses Konzert den Bewohnern der belagerten Stadt neue Kräfte verlieh. Während des Auftritts des Orchesters brannten im Saal übrigens die Kronleuchter, die Artilleristen unterdrückten das ganze Konzert über das Feuer von der deutschen Seite.
Adresse: ul. Michajlowskaja 2
4. Das Haus, in dem Tanja Sawitschewa wohnte
Über die Blockade wurden viele wichtige Tagebücher und Memoiren geschrieben. Eines der erschreckendsten aber umfasst nur neun Seiten. Es zeigt die wahre Quintessenz der Blockade und spiegelt das Schicksal tausender Leningrader Familien wider - den Tod der nächsten Verwandten. Das Mädchen, das dieses Tagebuch schrieb, verlor ihre Verwandten einen nach dem anderen und notierte den Tag und die Zeit ihres Todes in einem Telefonbuch. Die erste Eintragung machte Tanja unter dem Buchstaben “Sch”: “Schenja starb am 28. Dezember um 12 Uhr vormittags 1941.”
Die weiteren Einträge geschahen in durchgängiger Reihenfolge:
“G” - “Großmutter starb am 25. Januar um 3 Uhr nachmittags 1942”
“L” - “Ljoka starb am 17. März um 5 Uhr morgens 1942”
“O” - “Onkel Wassja starb am 13. April um 2 Uhr nacht 1942”
“L” - “Onkel Ljoscha am 10. Mai um 4 Uhr nachmittags 1942”
“M” - “Mama am 13. Mai morgens um 7.30 Uhr 1942”
“S” - “Die Sawitschews sind gestorben”
“A” - “Alle sind gestorben”
“N” - “Nur Tanja ist geblieben”
Diese letzte Seite des Tagebuchs wurde von dem Bildhauer W. Siwakow für den unteren Teil einer Gedenktafel in Granit geschlagen. Diese Tafel hängt nun an der Wand des Hauses, in dem Tanja wohnte - auch sie erlebte das Ende des Krieges nicht.
Adresse: 2-ja linija WO 13
5. Wandaufschriften: “Bürger! Bei Artilleriebeschuss ist diese Straßenseite die gefährlichere”
Der Beschuss der Stadt erfolgte von den Pulkowo-Höhen und aus Strelna - also aus südlicher und südwestlicher Richtung, weshalb die Nord- bzw. die Nordostseite der Straße die gefährlichere war. Die Wandaufschriften, die davor warnten, wurden in der ganzen Stadt angebracht, sind aber nicht erhalten geblieben. Die drei Aufschriften, die man heute in Petersburg sehen kann, wurden zwischen 1960 und 1970 als Zeichen der Andacht aufgetragen und werden von Gedenktafeln begleitet.
6. Spuren von Artilleriebeschuss an historischen Gebäuden in Sankt Petersburg
Wenn man bei einem Spaziergang durch Petersburg die Außenwände von historischen Gebäuden etwas genauer betrachtet, so kann man dort Spuren von Granatsplittern sehen. Die Rekonstruktion und der Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Denkmäler nahmen nach dem Krieg viele Jahre in Anspruch, aber einige Spuren wurden absichtlich erhalten - im Gedenken an das, was die Stadt und ihre Bewohner während der Blockadezeit durchlebten.
Adressen: Die Einschussstellen findet man noch am nordwestlichen Granitpodest des Clodtschen Pferdes auf der Anitschkow-Brücke, an den Stufen und Säulen der Westfassade der Isaakskathedrale sowie an der Südfassade der Auferstehungskirche.