„Ich bin die Zeit “: Jugendaustausch mit Dresden. Resümee zu Teil 2
In der letzten Juliwoche fand der zweite Teil unseres Austauschprogramms “Ich bin die Zeit” statt. Nachdem der erste Teil im März 2021 im Online-Format durchgeführt wurde, war es ursprünglich unser Plan gewesen, das Juliprogramm vor Ort in Sankt Petersburg zu organisieren. Als sich jedoch abzeichnete, dass die Corona-Pandemie auch in diesem Sommer noch nicht überstanden sein würde, beschlossen wir gemeinsam mit unserem Projektpartner, dem Politischen Jugendring Dresden e.V., kein Risiko einzugehen und die zweite Hälfte des Programms ebenfalls online zu veranstalten. Die Erfahrung aus zahlreichen Online-Projekten hat uns bereits gelehrt, dass dieses Format natürlich seine Vor- und Nachteile hat – aber lasst uns der Reihe nach berichten.
Wie schon beim letzten Mal waren die beiden zentralen Themen des Austauschs die Geschichte der Leningrader Blockade und die der Friedlichen Revolution in Dresden. Allerdings wählten wir diesmal eine etwas andere Herangehensweise, um die beiden Themen besser miteinander zu verknüpfen und für die Teilnehmenden noch greifbarer zu machen. Während wir im März die Geschichte der Leningrader Blockade nahezu ausschließlich aus sowjetischer bzw. russischer Perspektive untersucht haben, machten wir die Teilnehmenden im Juli mit den Schicksalen von Leningrader Deutschen bekannt, die die Blockadezeit in der belagerten Stadt verbrachten. Mithilfe von Tagebüchern von Leningrader Deutschen erstellten unsere Teilnehmenden Steckbriefe und versuchten sich zudem an einem Google-Maps-Quiz, für dessen Lösung sie auch einige Erinnerungen von deutschen Soldaten lasen, die vor Leningrad stationiert waren. Den unbestrittenen Höhepunkt der Einheit zur Geschichte der Blockade bildete das Gespräch mit dem Blockadeüberlebenden Stanislaw Witaljewitsch Mikoni, bei dem die Teilnehmer/-innen nicht nur viele neue Details über die Evakuierung aus Leningrad erfuhren, sondern sich mit Herrn Mikoni auch über ihre persönlichen Zukunftswünsche und -pläne und sogar über moderne Literatur unterhielten.
Auch der von unseren Dresdner Partnern geleitete Block stand diesmal ganz im Zeichen der historischen Verbindungen zwischen Deutschland und Russland: Der Mittelpunkt war ein Vortrag bzw. eine Diskussionsrunde mit der Dresdner Journalistin Jane Jannke, die sich bereits seit vielen Jahren mit der Geschichte der sowjetischen Soldaten beschäftigt, die auf dem Territorium der ehemaligen DDR stationiert waren. Am Beispiel des sowjetischen Garnisonsfriedhofs in Dresden stellte Jannke diesen Teil der (ost-)deutsch-sowjetischen bzw. russischen Geschichte sehr anschaulich dar.
Nachdem uns die Teilnehmenden zum Abschluss des Programms im März mit vier außergewöhnlichen Performances beeindruckt hatten, durfte ein gemeinsames Abschlussprojekt natürlich auch im Juli nicht fehlen. Diesmal standen die Teilnehmer/-innen vor der Aufgabe, in Arbeitsgruppen ein Konzept für eine Ausstellung mit dem Thema “Ich bin die Zeit: Erinnerungskultur in Deutschland und Russland” zu erstellen. Vom Ergebnis der Projektarbeit wurden wir selbstverständlich nicht enttäuscht: Am letzten Programmtag präsentierten die Gruppen ihre Ausstellungskonzepte zu den Themen “Kinder im belagerten Leningrad” sowie “Holocaust-Gedenken in Deutschland und Russland”.
Wir möchten uns sowohl bei unserem Projektpartner, dem PJR Dresden, als auch unseren Teilnehmer/-innen aus Deutschland und Russland bedanken – wir finden es großartig, dass ihr trotz des schönen Sommerwetters die Motivation gefunden habt, euch im Rahmen eines weiteren Online-Programms über wichtige Themen unserer gemeinsamen Geschichte auszutauschen und somit zur Verständigung zwischen unseren beiden Ländern beizutragen! Lassen wir zum Abschluss die Teilnehmenden noch einmal selbst zu Wort kommen:
“Ich bin sehr froh, dass ich an eurem Programm teilgenommen habe, es hat mir sehr gut gefallen 🙂 Habt Dank für eure Arbeit: Ich verstehe, dass das sehr viel Mühe gekostet hat, da in Zeiten von Corona alles anders kam als geplant. Aber ihr habt eure Aufgabe sehr gut gemeistert!”
“Meine Verwandten verstehen nicht, warum ich mitten im Sommer an einem Seminar teilnehme. Doch ich kenne den Grund genau. Erstens finde ich die Themen nicht so sichtbar in meiner Umgebung, wollte sie aber besprechen. Zweitens hat der erste Teil des Seminars ein großes Interesse bei mir hervorgerufen […]. Drittens finde ich die Kommunikation im Plenum gut gestaltet und mir gefällt es, den anderen zuzuhören.”